Abfall ist ein Material, das je nach Kontext unterschiedlich wahrgenommen wird. Ob es sich um eine vielversprechende Ressource oder um den unvermeidlichen Rest handelt: Was zu Abfall wird, kann nicht spurlos entsorgt werden.
Das Forschungsprojekt Times of Waste handelt von Bewegungen. Das interdisziplinäre Team verfolgt Wege und Transportrouten von (Abfall-) Materialien und Objekten. Im Bereich des elektronischen Abfalls werden exemplarisch die Transformationsprozesse und Umwertungen eines Smartphones und seiner Komponenten untersucht. Es ist ein typisches Alltagsgerät, das viele Arten von Abfällen hinterlässt. Die grösste Abfallmenge entsteht jedoch lange vor seinem erstmaligen Gebrauch: Vor allem bei der “Gewinnung” von Rohstoffen wie Neodym, das unter prekären ökologischen, sozial-ökonomischen und gesundheitlichen Bedingungen abgebaut wird, fallen immense Abfallmengen an.
Das Projekt umfasst verschiedene Formen der Zusammenarbeit, sowohl im interdisziplinären Team, als auch mit den Projektpartner_innen und Protagonist_innen vor Ort. Das Interesse gilt den Modi und Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Wissenschaften und Künsten, qualitativen Methoden und transmedialen Techniken.
Mit künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungspraktiken und verschiedenen Medien geht das Team Abfallmaterialien und Arbeitsfeldern von Menschen nach. Diese erstrecken sich von lokalen Deponien, Reparaturwerkstätten oder Forschungslabors bis in globale Kontexte. Für die transnationale Forschung sind Brüche und Fragmentierungen charakteristisch.1 Die „Verkettung“ der verschiedenen medialen Fragmente ermöglicht es, Routen und Transformationsprozesse der Objekte und Materialien in einen Gesamtzusammenhang zu stellen.2 Die vorliegende Smartphone Objektbiografie kartografiert nun diese oft verschlungenen Routen und Recyclingbewegungen. Sie ermöglicht es, individuelle Wege durch die online zugänglichen Materialien zu wählen und somit eine eigene Verkettungsgeschichte zu entwerfen.3 Dies entsprechend der Problematik, dass die Objektbiografie lediglich multipel, in Variationen erzählt werden kann. 4
Dass Menschen bei ihrer Suche nach Rohstoffen nicht nur die Erdkruste abtragen, sondern auch mit neuen Reststoffen wieder aufschichten, davon zeugt das geologische und materielle Nachleben aus den Feldrecherchen, wie verschiedene Granulate, Schlacken oder Metalle. Was zur Frage führt: Wohin gehen die Überreste? Und welche Handlungsmöglichkeiten bestehen?
Mit Präsentationsformaten wie Ausstellungen, Audiowalks, Projekt-Workshops oder Panelgesprächen – und nun auch mit der Smartphone Objektbiografie – initiiert Times of Waste eine öffentliche Diskussion und Auseinandersetzung zu diesen Fragen. Das Ziel ist, die kulturellen Konnotationen von Abfall aufzubrechen und einen nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen anzuregen.
Das interdisziplinäre Forschungsteam besteht aus einem Kernteam von sieben Personen, mit einem Hintergrund von Visueller Ethnologie, Kunsttheorie und künstlerische Praxen, Sound Design bis Umweltnaturwissenschaften, Programmierung, Interface Design und Grafik: Flavia Caviezel (Leitung), Mirjam Bürgin, Anselm Caminada, Adrian Demleitner, Marion Mertens, Yvonne Volkart und Sonia Malpeso. Die meisten Teammitglieder arbeiten seit dem Vorgängerprojekt RhyCycling. Ästhetik der Nachhaltigkeit im Grenzraum Basel (2010-2013) zusammen; Times of Waste dauerte von Januar 2015 bis März 2018. Beide SNF-Projekte sind am Institut Experimentelle Design- und Medienkulturen der Hochschule für Gestaltung und Kunst, Fachhochschule Nordwestschweiz verortet.
Detaillierte Informationen zum Forschungsteam, zu Aktivitäten und Produktionen sind zugänglich unter www.times-of-waste.ch.